Bewusst und nachhaltig reisen, so geht’s Teil 2

Franziska Czernik

Bewusst und nachhaltig reisen, so geht’s Teil 2

Der Tourismus mit einem Wachstum von 6,5% und fast 1,2 Milliarden Touristen, war 2017 eine der am schnellsten wachsenden Sektoren auf der Erde. Als Tourist wollen viele heutzutage nicht mehr einfach nur zu einem Ort reisen, sondern diesen Ort in seiner ursprünglichen Form erfahren. Man möchte sich von den anderen Touristen abgrenzen und den Ort wie ein Einheimischer erleben. Das Verhalten birgt viele Konsequenzen und führt zu rasanten Entwicklungen und Veränderungen. Grund genug also einen zweiten Teil zu dem Thema „Bewusst und nachhaltig Reisen, so geht’s“ zu schreiben.

Egal ob es für euch nur ein Wochenendtrip nach London ist oder eine vier wöchige Backpacking-Reise, viele dieser Tipps und Verhaltensregeln können überall auf der Welt angewendet werden und helfen nicht nur im ökologischen Sinne nachhaltiger zu Reisen, sondern auch als Tourist die negativen Effekte auf andere gesellschaftliche Gruppen zu verringern.

Individueller Transport auf zwei Rädern

Schon einmal daran gedacht, eine Stadt als Tourist mit dem Fahrrad zu entdecken? Kopenhagen und Amsterdam sind die bekanntesten Beispiele für Fahrradstädte aber habt ihr auch schon mal daran gedacht New York oder Buenos Aires mit dem Fahrrad zu erkunden? Viele Großstädte bauen öffentliche Verleihsysteme für Fahrräder aus. Beispielsweise investiert New York in den letzten Jahren im Rahmen des nachhaltigen Stadtentwicklungsplans PlaNYC 2030 stark in den Ausbau der Fahrradwege und Verleihstationen. Gerade wer spontan oder individuell die Stadt erkunden möchte, sollte sich solche Angebote der Städte genauer anschauen.

Manche fühlen sich in Großstädten vielleicht unsicher auf dem Rad und ja, nicht überall ist es eine Option. Doch das bedeutet nicht, dass man im ganzen Land kein Fahrrad fahren sollte. Gerade wer in kleiner Städte oder Küstenorte reist, kann mit einem Leihrad viel Freude haben. Es müssen nicht immer Fahrradstationen sein, meist verleihen die Unterkünfte oder lokale Fahrradgeschäfte auch Fahrräder. Durch den geringeren Verkehr und die Übersichtlichkeit, fühlt man sich meist nicht nur sicherer, sondern man kann sich auf schnelle, kostengünstige Weise frei bewegen. Nur den Fahrradhelm nicht vergessen!

Abbildung 1: Citibike Instagram 2018 

Spare Energie in deiner Unterkunft

Ob im Winter oder in den Sommerferien, viele von uns wollen dorthin in Urlaub fahren, wo es warm und sonnig ist. Sind wir dann aber am Urlaubsziel angekommen, sind wir doch häufig damit beschäftigt uns abzukühlen Erfrischende Getränke, die Abkühlung im Pool und das klimatisierte Zimmer. Dabei ist der Letzteres ein echter Klimasünder und das in zweierlei Hinsicht. Zum einen haben die meisten Klimaanlagen einen enorm hohen Stromverbrauch und dieser Strom wird mit fossilen Energieträgern erzeugt. Zum anderen sind viele Anlagen mit einem Kühlmittel aus teilfluorierten Kohlenwasserstoffen (HFKW) versetzt, welches ein Treibhausgas ist und um ein vielfaches Schädlicher als CO2. Zwar gibt es auch Anlagen ohne die treibhauswirksamen Gase, für den Laien ist es jedoch nicht ersichtlich, welcher Stoff verwendet wird.

In modernen Hotelzimmern gibt es heutzutage zwar nur Strom, wer die Zimmerkarte in die entsprechende Vorrichtung steckt, doch wer über AirBnB übernachtet oder einfache Hostels oder Pensionen auswählt, hat meist diese Funktion nicht. Daher lautet ein einfaches Prinzip: So wenig wie möglich die Klimaanlage benutzten. Schaltet sie immer ab, wenn ihr länger das Zimmer verlasst. Auch während des Schlafens muss sie nicht durchlaufen, es reicht meistens aus, sie kurz vor dem Einschlafen anzuschalten und dann abzuschalten. Zudem ist sie oft so kühl eingestellt, dass man nachts frierend aufwacht oder sich sogar erkältet. Niemand möchte doch im Urlaub krank werden. Versucht somit die Nutzung so weit wie möglich zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten. Eine Alternative ist der Ventilator. Der verbraucht nicht nur weniger Strom, sondern benötigt auch keine chemischen Kühlflüssigkeiten.

Vermeidet Plastik

Als Touristen produzieren wir leider viel zu viel Müll, insbesondere Plastikmüll. Dieser wird leider, entgegen unseres Glaubens, häufig nicht recycelt, da viele Produkte aus verschiedenen Arten von Plastik bestehen, die später nicht mehr getrennt werden können und so auch nicht mehr recycelt werden. Während in den meisten westlichen Ländern zumindest ein funktionierendes Entsorgungssystem besteht, landet in Entwicklungsländern der Müll einfach auf der Straße oder illegalen Mülldeponien.

Aktuell wird ein Verbot von Plastikstrohhalmen und weiteren Einweg-Plastikprodukten in der Politik diskutiert. Das ist ein erster guter Schritt gegen den übermäßigen Konsum und dieses Vorhaben könnt ihr auch jetzt schon selbstständig umsetzten. Lehnt jeden Plastikstrohhalm ab oder gebt ihn den Angestellten zurück. Wenn ihr unbedingt einen braucht, gibt es viele schöne alternativen aus Bambus, Glas, Metall oder einfach eine Makkaroni Nudel. Das gleiche gilt für Coffee-To-Go Becher, Wasserflaschen oder Essenslieferungen. Nehmt euch in eurem Urlaub die Zeit für Essen und Trinken, anstatt alles zum Mitnehmen zu bestellen. Betont notfalls auch, dass ihr das Getränk im Café oder Restaurant zu euch nehmt und nicht zum Mitnehmen. Manche Geschäfte fragen leider nicht mehr nach und servieren alle Getränke in Plastikbechern. Seit Aufmerksam bei den Produkten, die ihr kaufen möchtet.  

Wenn ihr bereits einen Thermobecher habt, nehmt ihn ruhig mit. In jedem Fall lohnt sich für euch eine eigene Trinkfalsche, denn Trinkwasser benötigt jeder von uns. Abgefülltes Wasser ist ebenfalls einer der größten Umweltsünder, hervorgerufen durch Plastikverpackungen, lange Transportwege, Verdrängung der lokalen Wasserversorgung, usw. Gerade außerhalb Deutschlands ist kostenloses Trinkwasser in Restaurants und Unterkünften meist selbstverständlich. In diesen gibt es zumal auch die Möglichkeit, die eigene Trinkflasche kostenlos aufzufüllen. Noch keine eigene Trinkflasche? Die Soulbottles gibt es mit tollen Motiven und sind absolut wiederverwendbar und recyclebar.

In Europa hilft euch dabei die Initiative „Refill“, die auch in Deutschland bereits in vielen verschiedenen Städten aktiv ist. Dabei markiert ein Aufkleber das Geschäft. Dieser Sticker gibt an, dass ihr dort, sei es Restaurant, Kneipe oder Buchhandlung, eure Wasserflasche kostenlos mit Leitungswasser auffüllen könnt. Auf der Homepage und der App findet ihr eine interaktive Karte, die euch auch alle teilnehmenden Geschäfte anzeigt. https://refill-deutschland.de/

Abbildung 2: Hasepost 

Es muss nicht immer kulinarisch exotisch sein

Viele von uns möchten auf Reisen die lokalen Küchen erproben oder zumindest vorsichtig den kulinarischen Horizont erweitern. Doch Vorsicht, wenn es um bedrohte Tierarten, wie Haifische, Schildkröte oder Gürteltier geht. Auch wenn diese in einigen Ländern als Delikatessen gelten, sind deren Verkauf und Verzehr dennoch illegal. Durch die hohen Gewinnmagen, gerade durch den Verkauf an Touristen, wird die illegale Jagd weiterhin betrieben. Zusätzlich sind diese Tierarten vom Aussterben bedroht.

Auch wenn ihr sagt: „Ich probiere es nur einmal“, „Andere Gäste essen es doch auch“ oder „Es wird doch hier überall angeboten“. Es ist dennoch illegal und schädigt nachhaltig Umwelt und Artenvielfalt. Gerade als Tourist sollte daher ein Zeichen gesetzt werden, dass man für solche Produkte nicht bereit ist Geld zu bezahlen. Das Gleiche gilt übrigens auch für Souvenirs. Wenn ihr euch nicht sicher seit über die Herkunft oder den Schutzstatus und keine Möglichkeit besteht diesen zu erfahren, gilt die einfache Regel: Verzichtet darauf. Die stauben meist hinterher eh nur im Schrank ein ;)

Kinder sind keine Touristenattraktionen

Nachhaltigkeit bedeutet auch soziale Verantwortung zu tragen. Gerade in Bezug auf den Schutz von Kindern spielt dieser Aspekt eine große Rolle. Häufig locken Angebote für Freiwilligenarbeit, mal für 4 Wochen sich um Waisenkinder kümmern, dann mal für sechs Wochen Lehrer/in in einer ländlichen Grundschule sein. Dahinter verbergen sich jedoch nicht unbedingt gut gemeinte Wohltätigkeitsproramme, sondern eine ausgeklügelte Industrie, die mit hohen Versprechungen lockt, das teuer bezahlte Geld stattdessen in der Vermittlungsorganisation bleibt und nicht in den Einrichtungen ankommt. Hinzukommt, dass viele Kinder langfristig geschädigt werden, wenn sie alle vier bis acht Wochen eine neue Beziehung zu einem Freiwilligen aufbauen. Für die Kinder prägt sich die Tatsache ein, dass sie ständig verlassen werden.

Wer keine freiwillige Arbeit leistet, dem wird dennoch häufig auf Reisen ein Besuch in Waisenhäusern angeboten. Dieses Angebot dürft ihr niemals annehmen! Kinder sind keine Touristenattraktionen. Würdet ihr euch in Deutschland einfach in eine fremde Grundschule gehen und dort die Kinder beim 1x1 beobachten? 80% der Waisen in solchen Einrichtungen haben sogar noch Eltern, wurden jedoch von diesen getrennt, um durch die zahlenden Touristen ein Einkommen für die Familie zu erwirtschaften. Durch einen Besuch dieser Einrichtungen unterstützt ihr somit dieses System.

Wie durch Spenden Waisen entstehen und welche weiteren Verhaltensregeln man als Tourist zu diesem Thema befolgen sollte, erklärt die Homepage des Childsafe Movement (http://thinkchildsafe.org/). Darauf findet ihr nicht nur Verhaltensregeln als Tourist, sondern auch wenn ihr Unternehmer seid oder euch in einem Freiwilligendienst befindet.

Abbildung 3: Childsafe movement 

Augen auf beim Reiseveranstalter

Wer seinen Urlaub nicht bereits vorab komplett bei einem Reiseveranstalter gebucht hat, der wird auf seiner Reise dennoch mal eine Tages- oder Halbtagestour unternehmen wollen, meistens spontan vermittelt durch die Unterkunft. Dabei lohnt es sich besonders bei solchen Touren sich vorher zu informieren, wer die Touranbieter sind, denn diese unterscheiden sich nicht nur im Preis, sondern auch in Qualität und Verteilung der Gewinne. Viele behalten die Gewinne für sich, während die lokale Bevölkerung, die vielleicht Essen bereitstellt oder Besichtigungen des Dorfes zulässt, nicht davon profitiert, sondern in Abhängigkeit zum Touranbieter verfällt. Nicht selten kommt es vor, dass man als Tourist das Gefühl erlebt, abgeschottet von einem Ort zum nächsten zu fahren, ohne bereitgestellte Informationen, fehlender Interaktion mit der fremden Kultur und letztendlich nicht ehrlich zufrieden ist.

Dabei gibt es auch seriöse Veranstalter, häufig auch in enger Kooperation mit NGOs und lokaler Bevölkerung, sodass die Einnahmen gerecht geteilt werden. Wer sich die Zeit nimmt und sich online über das Reiseziel informiert wird meist schnell fündig. Helfen können auch bestimme nationale oder internationale Zertifikate wie z.B. das Global Sustainable Tourism Council(GSTC). Eine schöne Übersicht bietet auch die Website dazu (https://www.gstcouncil.org/for-travelers/), nicht nur mit einer Suchmöglichkeit für zertifizierte Unterkünfte, sondern auch weiterführende Lektüre, bspw. ein ausführliches Handbuch für nachhaltiges Reisen, mit Tipps und Tricks für jeden Abschnitt eurer Reise.

Keiner dieser Tipps bedeutet eine Einschränkung eurer Reise, sondern zeigt euch neue Möglichkeiten der Organisation aber auch des Umgangs mit lokaler Bevölkerung und der Natur. Schließlich werdet ihr am Ende nicht nur selbst ein gutes Gefühl haben, weil ihr eine schöne Reise erlebt, sondern auch einen Beitrag für die Entwicklung der lokalen Bevölkerung geleistet habt.

 

Quellen:

ITB (2018): Presse Information. https://www.itb-berlin.de/Presse/Pressemitteilungen/News_52574.html
UBA (2016): Gebäudeklimatisierung. https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/produkte/fluorierte-treibhausgase-fckw/anwendungsbereiche-emissionsminderung/gebaeudeklimatisierung

"Franziska Czernik ist angehende Wirtschafts- und Sozialgeographin mit einer großen Leidenschaft für Urban Gardening, kleine Cafés in verwinkelten Gassen, alte Rockbands und der Nordsee. Ihr Studium wie auch die Reiselust führen sie häufig an die fernen Orte unserer Welt, in denen die Folgen des westlichen Konsums dramatisch sichtbar werden. Mit ihrer direkten Art spricht sie diese Probleme direkt an, auch wenn es dabei mal zu hitzigen Diskussionen kommt, und möchte vermitteln, dass jeder einzelne durch sein Konsumverhalten in der Lage ist, etwas zu Klima- und Ressourcenschutz beizutragen.

 

 

 


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